Schätze der Modellversuche finden und nutzen
 
  1. Der thematisch und inhaltlich strukturierte Zugang zu Informationen über Modellprojekte des Bildungs- und Ausbildungsbereichs und deren Ergebnissen ist u.a. elementar für

    • Praktiker und Fachleute, die in Projekten arbeiten, Projekte konzipieren und auf die Ergebnisse von Projekten zurückgreifen wollen oder sich mit anderen über ihre Erfahrungen austauschen wollen · Politiker, Planer und zuständige Stellen in Bund, Ländern und Gemeinden, die über die Umsetzung der Ergebnisse von Modellprojekten in die Praxis zu entscheiden haben

    • für Durchführung und Finanzierung von Modellprojekten Verantwortliche, die z.B. wissen müssen, ob vergleichbare Projekte schon andernorts durchgeführt werden bzw. in der Vergangenheit durchgeführt worden sind, um deren innovative Elemente bewerten zu können

    • Lehre und Forschung im Bildungs-, Ausbildungs- und Jugendbereich, die Projektergebnisse vermitteln und in die wissenschaftliche Arbeit einfließen lassen will.

  2. Diesen großen Informationsbedarf versuchen zur Zeit einige wenige, jeweils für spezielle Zwecke und spezielle Zielgruppen konzipierte Informationssysteme zu decken. Dies kann allerdings nur sehr unvollkommen gelingen, da die für Informationssysteme nutzbaren Projektinformationen häufig nur noch unvollständig vorhanden und zudem oft nur nach aufwändigen Recherchen auffindbar sind. Oft genug sind Projektinformationen auch schlicht nicht mehr vorhanden.

  3. Derzeit sind über das Internet für ca. 1.000 abgeschlossene und aktuelle Modellprojekte des Bildungs- und Ausbildungsbereichs Informationen in unterschiedlicher Qualität und Intensität verfügbar, darunter für ca. 500 Projekte, die in den letzten 5 Jahren abgeschlossen wurden bzw. noch laufen. Rechnet man ca. 500 weitere Projekte aus dem Bereich der kulturellen Jugendbildung hinzu, dann ergibt sich eine Größenordnung von ca. 1.500 abgeschlossenen und laufenden Projekten, über die Informationen in jeweils allerdings sehr unterschiedlicher Dichte und Strukturiertheit zugänglich sind. Hinzu kommen Informationen über ca. 500 Schulen, an denen innovative Projekte durchgeführt werden. Diese Zahlen lassen jedoch keinerlei Rückschlüsse darauf zu, wie viele Projekte und insbesondere auch welche Projekte bisher überhaupt durchgeführt worden sind.

  4. Dies führt zum Kern des Problems: Es existiert in Deutschland keine zentrale Dokumentationsstelle, die Informationen über Modellprojekte des Bildungs- und Ausbildungsbereich routinemäßig sammelt, archiviert, inhaltlich erschließt und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Zwar gibt es für Bund und Länder Erlasse, die amtliche Institutionen zur Abgabe ihrer Veröffentlichungen z.B. an die Deutsche Bibliothek in Frankfurt, die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin oder die Bayerische Staatsbibliothek verpflichten, jedoch wird dieser Verpflichtung in der Praxis nur sehr unvollständig nachgekommen. Auch amtliche Dokumente zu Modellprojekten sind in den Katalogen nur zufällig und in Ausnahmefällen zu finden. Zudem sind Veröffentlichungen von privaten Projektträgern von diesen Erlassen nicht betroffen (siehe dazu ausführlich im Internet: http://www.sbb.spk-berlin.de/, Bereich "Amtsdruckschriften").

  5. Das zentrale Problem des Fehlens einer zentralen Doku-Stelle tangiert auch die wenigen, inzwischen meist über das Internet zugänglichen Datenbanken für Modellprojekte im Bildungs- und Ausbildungsbereich. Aktuell existieren fünf Internet-Datenbanken für derartige Projekte, eine weitere, die Anbieterdatenbank des 2000 gegründeten Good-Practice-Center des BIBB für Projekte zur Förderung Benachteiligter in der Berufsbildung, ist im Aufbau (Internet: http://www.good-practice.de/). Weitere, wie die Projektdatenbank der "Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung e.V." (BKJ), sind noch nicht in Internet. Die Datenbanken widmen sich den zum Teil gleichen Modellprojekten von unterschiedlichen Perspektiven aus, die jeweils vom institutionellen Blickwinkel und dem Auftrag der Träger geprägt sind.

    5.1.
      Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) informiert in seiner Datenbank PRAXIMO - Praxismodelle "Jugend in Arbeit" über bis jetzt 201 Projekte, die sich 1999 an einem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) Wettbewerb veranstalteten Wettbewerb für innovative Praxismodelle beteiligt hatten. Sämtliche der 400 eingereichten Praxismodelle werden von Korrespondentinnen und Korrespondenten des DJI besucht und dokumentiert. Nach neuen Projekten wird aktiv recherchiert. Die so erhaltenen Informationen werden für die Datenbank sowie für unterschiedliche Printmedien aufbereitet und können inhaltlich gezielt gefunden werden. Um dem Rezeptionsverhalten unterschiedlicher Zielgruppen entgegenzukommen, wird die Datenbank auch als CDROM mit gegenüber der Internetversion erweiterten Suchmöglichkeiten angeboten (Internetadresse: http://www.dji.de/, Bereich "Datenbanken").

    5.2.
      Die MIDo-Datenbank des BIBB ("Multimediale Information und Dokumentation zu Modellversuchen in der außerschulischen Berufsbildung") informiert über ca. 200 vom BIBB geförderte Modellversuche und Forschungsprojekte zur beruflichen Bildung. Die Informationen können von den Projektträgern selbst in die Datenbank ein-getragen werden und sind gut strukturiert und in der Regel sehr ausführlich. Problematisch ist, dass sich die Erschließung sehr stark an Verwaltungserfordernissen orientiert, eine thematische oder inhaltliche Suche ist nur sehr eingeschränkt möglich. Eine Ergänzung der Datenbank durch die Implementation zusätzlicher Such- und Erschließungsverfahren würde den Informationszugang auch für verwaltungsferne Zielgruppen erleichtern und dadurch deren Nutzen optimieren (Internetadresse: http://www.ifa-verlag.de/, Bereich "Modellversuche").

    5.3.
      Die von der BLK seit 1983 geförderten Modellprojekte werden in unterschiedlicher Informationsdichte auf den Webseiten der BLK und des deutschen Bildungsservers dokumentiert:
    • Die zwischen 1983 und 1993 geförderten ca. 600 Projekte werden auf Webseiten des Deutschen Bildungsservers mit Projektbezeichnung, Förderungszeitraum, Förderkennzeichen und Bundesland aufgelistet. Eine Suchfunktion existiert nicht (Internetadresse: www.dbs.schule.de/blk_83.html).
    • Seit 1994 geförderte (ca. 150) Projekte findet man auf den Webseiten der BLK und in zum Teil identischer Form auch auf dem deutschen Bildungsserver. Es handelt sich nicht um eine Datenbank, sondern um eine thematisch strukturierte Liste. Für laufende Projekte (seit 1998) liegen recht ausführliche Projektbeschreibungen vor, für ältere Projekte werden nur relativ wenige inhaltliche Informationen angeboten. Für weitergehende Informationen erfolgt ein Verweis auf die Projektträger oder die zuständigen Landesstellen (Internetadresse: http://www.blk-bonn.de/, Bereich "Tätigkeitsbereiche, Innovationen im Bildungswesen").

    5.4.
      Die Datenbank "Gute Beispiele" des Forum Bildung informiert über ca. 140 "beispielhafte Modellversuche aus der deutschen und internationalen Bildungslandschaft". Die Informationen werden auf der Basis von Fragebogen erhoben, die an die von der Redaktion ausgewählten Projekte verschickt werden. Die Auswahl orientiert sich an den fünf Themenschwerpunkten des Forum-Bildung und berücksichtig u.a. Projekte, die sich an den Projektmessen des Forum Bildung beteiligt haben (Internetadresse: http://www.forum-bildung.de/, Bereich "Gute Beispiele").

    5.5.
      Einen Sonderfall stellt die Schuldatenbank des "Netzwerks Innovativer Schulen" (NIS) der Bertelsmann-Stiftung dar, die über ca. 500 "innovative Schulen" in Deutschland und deren Innovationsschwerpunkte und Projekte informiert. Die Informationen können u.a. über eine Volltextsuche erschlossen werden. Die bisher eher spärlichen Informationen der Datenbank, die in erster Linie der Vermittlung von Kontakten zwischen den Schulen dienen, werden durch eine kostenlos erhältliche Loseblatt-Sammlung ergänzt, in der die Schulen und ihre Projekte ausführlich dokumentiert sind (Internetadresse: www.bertelsmann-stiftung.de/nis/).

    5.6.
      Die "Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung e.V." betreibt eine bisher nicht über das Internet zugängliche Projektdatenbank mit Informationen über "...500 beispielhafte und gelungene Praxisbeispiele aus der Kinder- und Jugendkulturarbeit". Die ausführlichen Projektinformationen sind in 10 thematisch sortierten Loseblattsammlungen veröffentlicht worden (Internetadresse: http://www.bkj.de/, Bereich "Dokumentationsstelle").

  6. Fazit: Die vorhandenen Informationssysteme erschließen in je nach Zielsetzung, Zielgruppe und Perspektive sehr unterschiedlicher Art und Weise teilweise gleiche Projekte. Insbesondere die Informationstiefe, die Informationsstruktur und die angebotenen Suchmöglichkeiten der Informationssysteme unterscheiden sich stark voneinander. Es ist daher derzeit nur sehr aufwändig und umständlich möglich, Informationen zu einem bestimmten Projekt mit einer bestimmten Thematik oder Zielsetzung zu finden.

  7. Lösungsansatz: Sinnvoll und relativ einfach zu entwickeln wäre ein zentrales Informations- und Suchportal für Modellprojekte im Internet, dessen Kernelement eine Art Meta-Suchmaschine für Projektinformationen wäre. Damit könnte sowohl eine Vernetzung der vorhandenen Informationssysteme realisiert werden als auch ein einfacher, den Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen aus Praxis und Verwaltung entsprechender Zugang zu den vorhandenen Projektinformationen geschaffen werden. Durch die Vernetzung der Systeme hätte jeder Interessent ganz unabhängig davon, welche der vorhandenen Datenbanken er anläuft, die Chance, auf die Informationen aller anderen ihm bislang unbekannten Systeme zuzugreifen. Ein noch nicht funktionierendes Muster eines solchen Informationsportals, das sich als Diskussionsgrundlage versteht, steht seit heute im Internet unter der Adresse www.gute-beispiele.de. Auf dieser Website sind auch Hyperlinks zu den wichtigsten Informationsquellen zusammengestellt.

  8. Zentrales Problem bleibt aber das Fehlen eines zentralen Ortes, an dem Information, Dokumente und sonstige Unterlagen über Projekte gesammelt und erschlossen werden. Eine solche Dokumentationsstelle sollte möglichst neutral und zuständigkeitsübergreifend angebunden sein, z.B. bei einer unabhängigen Stiftung oder einem externen Institut. Ihre Aufgaben wären in erster Linie:

    • Zunächst als Aufgabenschwerpunkt und später als laufende Arbeitsaufgabe die Recherche nach Projektunterlagen und Stellen, die Kenntnisse von Projekten haben könnten

    • Kontinuierliche Aktualisierung von Informationen aus laufenden Projekten

    • Kontinuierlich bibliothekarische Erschließung der Dokumente, Adressen etc., Erstellung von Zusammenfassungen der Projektinformationen, Bereitstellung für das Internet, ggf. auch Aufbereitung von Original-Unterlagen für das Internet

    • Funktion als Ansprechpartner und Auskunftsstelle für Projektinformationen aller Art Damit die Doku-Stelle funktioniert und auch über laufende Projekte informieren kann, sollte eine Art Selbstverpflichtung aller potentiell Beteiligten versucht werden, die ggf. durch entsprechende Auflagen bei der Mittelbewilligung neuer Projekte unterstützt werden kann, Kopien von Projektberichten und weitere Materialien in möglichst EDV-lesbarer Form an die Doku-Stelle zu übermitteln. Diese könnte dann ggf. aktiv werden und z.B. weitere Projektinfos über einen Fragebogen abfordern.


Wolfgang Plum
Büro für Beratung und Projektentwicklung
Eppendorfer Weg 180
20253 Hamburg
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